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Tom Bohn interviewte im August 2010 die Macher der Neuen Massenproduktion auf indie-stars.de

Die Neue Massenproduktion hat letztes Jahr den Golden Stars Award der Freien Universität Lobberich für "massenhaft produzierte Indie-Movies ohne tieferen Sinn" erhalten. Warum wart Ihr nicht auf der Preisverleihung?

Sascha: Wir waren Opfer der Umstände: Beim sonntäglichen Säubern unseres Aquariums verbiss sich eine unserer Wasserschildkröten in Alex' Finger. Da sie sehr eitel ist (Alex), wollte sie in "diesem Outfit garantiert nicht" am Abend auf der Gala erscheinen. Wir mussten also zum Notdienst. Zuerst waren wir in der Tierklinik, die sagten aber, man könne das Tier nicht von ihr entfernen, sondern nur sie vom Tier, und das könne nur ein Humanmediziner. Dort angekommen verwies uns dieser wieder zum Veterinär. Das geht bis heute so und das Tier hängt immer noch sehr an Alex. In Filmen müssen wir es nun immer raus retuschieren und im echten Leben hat Alex seit einem knappen Jahr quasi immer die Hände in den Hosentaschen, wenn man mal darauf achtet. Naja, jedenfalls war uns dann an dem Tag nicht mehr danach, einen Preis entgegenzunehmen. Einen Preis, den wir ehrlichgesagt ohnehin nicht verdient hätten.

Wer ist die "Neue Massenproduktion" und warum?

Alex: Die Neue Massenproduktion ist ein Konglomerat von ein bis zwei hochbegabten Menschen, von Sascha und, je nachdem wie viele Erfrischungsstäbchen ich gerade gegessen habe, mir. Wir sind die Erfinder und alleinigen Aufrechterhalter des neusten deutschen Films und haben es uns unter Nutzung zahlreicher ehrenamtlicher Lakaien zur Lebensaufgabe gemacht, konsequent an der kommerziellen Wahrnehmung vorbei, Filme zu produzieren, die einerseits messerscharf unterkühlte Analysen unserer Zeit sind und andererseits die Trivialität in nie da gewesener melancholischer Schönheit darstellen.

Wie viele Filme insgesamt habt Ihr seit Bestehen der Massenproduktion gedreht?

Sascha: 150 in sieben Jahren, das macht dann etwa 1,7857142857142857142857142857143 pro Monat.

Der Antrieb dafür war...?

Sascha und Alex deckungsgleich: Leidenschaft!

Nach der Produktion von so vielen, auch international erfolgreichen Filmen, müsstet Ihr ja steinreich sein. In welchem Hafen liegt Eure Yacht?

Sascha: Wir haben keine Yacht, wir haben nur eine Doppelluftmatratze vom Lidl. Über dem Großteil unseres erwirtschafteten Gelds rösten wir einmal im Jahr Marshmallows. Unvorstellbar, welche Aromen 500 Euro-Scheine zu erzeugen in der Lage sind. Ich würde ja sagen: "Das kann man sich mit keinem Geld der Welt kaufen.", das wäre aber freilich gelogen.

Eure Hobbys sind diverse Berufe, die Ihr auszuüben vorgebt, wenn ihr mal nicht dreht. Was für Berufe sind das?

Alex: Seit Jahren behaupten wir, wir wären Diplom-Psychologen, Sascha wäre sogar promoviert. Das ist allerdings eine feiste Medienente. In Wahrheit sind wir beide Diplom-Psychologen und Sascha ist sogar promoviert. Der Mensch an sich verfügt über eine schillernde Palette von Eigenarten. Keine ist uns fremd, viele sind uns lästig. Das menschliche Elend ist ein sicheres und krisenfestes Einkommen, wofür wir der Gesellschaft sehr dankbar sind. Unsere akademische Ausbildung missbrauchen wir in etwa 20 verschiedenen Berufen. Solange Geld für die Marshmallows rausspringt, gibt es für uns keine moralischen Bedenken. Da ist es uns ganz gleich, ob wir als bezahlte Freunde für einsame arme Witwen oder als NLP-Trainer für Hedgefondsmanager agieren. Als Psychologe darf man sich keine Emotionen leisten. Wir brauchen das Geld allerdings auch, um humanistische Filme mit gesellschaftsrelevanten Themen zu drehen, das ist uns sehr wichtig.

Wenn morgen Steven Spielberg vor Eurer Türe stehen würde und Euch 10. Millionen US Dollar für ein Indie-Movie auf den Tisch legen würde, was würdet Ihr dann drehen?

Sascha: Zunächst würde ich eine Doku darüber drehen, wie Steven Spielberg vor unserer Tür steht und uns 10 Millionen US Dollar für ein Indie-Movie auf den Tisch legt. Das hat man ja nicht alle Tage. Ansonsten netter Versuch, Tom, an die wirklich guten Filmideen ranzukommen. Gerissener Hund!

Mist...man sollte halt nie versuchen zwei verirrte Psychologen hinters Licht zu führen. Apropos: Wie schätzt Ihr als Hobby-Hirnforscher denn so den typischen Indie-Stars Besucher ein? (Durchschnitts-IQ wäre nett).

Sascha: Wir gehen vereinfacht gesagt davon aus, dass der durchschnittlich intelligente, normal begabte Deutsche einen IQ im Bereich von 91 bis 109 erzielt. Unter 90 kann man sich in der Regel durchaus noch ohne fremde Hilfe anziehen und im Ausland ein Bier bestellen. Spätestens unter 79 wird's haarig, da reicht es oft nur noch zum passiven Rezipieren des RTL-Nachmittagsprogramms. Ab etwa 110 wiederum schafft man das Abi, ab 118 das Studium, beides allerdings nur unter Androhung roher Gewalt und mittels Aufbietung massivsten Mogelns. Ab etwa 130 gilt man als hochbegabt und so ab 155 kämpft man in meiner Gewichtsklasse. Dass ich so unfassbar intelligent bin kommt dem Durchschnitts-IQ des niederfrequentierten Indie-Stars-Portals in direkter Weise zugute. Da dort nämlich außer Dir und mir niemand selbstbestimmt verkehrt, kann man getrost von durchschnittlich mindestens hochintelligenten Besuchern sprechen. Glückwunsch dafür.

Nach der Veröffentlichung bei den Indie-Stars wird natürlich ein ungeheurer Presserummel um Euch los gehen. Wie werdet Ihr es trotz BUNTE-Titelblatt schaffen, nicht normal zu bleiben?

Alex: Die Gefahr bestünde natürlich schon, in Gesellschaft all dieser Promis und Medienmogule normal zu werden. Sascha sagt immer "Alle werden irgendwann vom Ernie zum Bert!" Ich hoffe inbrünstig, in Bezug auf uns hat er damit endlich mal Unrecht.

Euer nächstes Projekt ist ja ein politischer Film. Knappe vier Minuten portraitiert ihr den leeren Plenarsaal des Reichstages... unterlegt mit fetzigen GOA Rhythmen. Ist das Eure Antwort auf die momentane, gesellschaftliche und wirtschaftliche Krise?

Alex: Das ist so nicht ganz richtig. Zwar beschäftigt sich unser nächster Film, der Pilot zu unserer neuen RAF-Nachhut-Internetserie "Aktion Action", tatsächlich mit dem Plenarsaal des Reichstags und er dauert auch etwa 4 Minuten, aber der Saal wird, bis auf die notorischen Blaumacher, gefüllt sein und es werden symbolisch für eine deutsche Redensart Perlen von den Rängen geworfen werden. Und was die Musik betrifft, haben wir uns kurzfristig umentschieden und werden einen Song unserer Lieblingsband Tony Coca-Cola & The Roosters verwenden. Einziges Ziel dieser Serie wird es sein, den Zuschauer an die Hand zu nehmen, ihm Mut zu machen, der Krise zu trotzen und ihm konkrete Beispiele aufzuzeigen, wie der Einzelne sich gegen die da oben zur Wehr setzen kann. Schließlich kommen wir aus Kreuzberg.

Letzte Frage an Alex:
Wie viele Erfrischungsstäbchen und Marshmallows muss man gleichzeitig essen um einen bayerischen Maßkrug vollzukotzen? (Nur ein Versuch).

Alex: Das ist leicht: Man muss den Nährwertgehalt genau 18 Bier mit Tsatsiki angleichen.